Für Mert Güzel und Murat Katran sind Parfüms Kommunikationsmittel, die Menschen über Grenzen hinweg verbinden. Ein Gespräch mit den Gründern der ersten türkischen Nischenbrand Nishane über ihre Liebe zu Istanbul, persönliche Duftschätze und berauschende Begegnungen.
Herr Güzel, Herr Katran, wonach riecht der Frühling in Istanbul?
Mert Güzel: Der Frühling in unserer Stadt ist ein Fest der Sinne. Sobald es in den vielen wunderschönen Gärten zu blühen beginnt, liegt der Geruch frischer Jasminblüten in der Luft. Der belebende Duft von Zitrusfrüchten und die lebendigen Noten von Bergamotte und Zitrone verleihen der floralen Frühlingsbrise eine pikante Note. Diese berauschende Duftkomposition symbolisiert die Energie und Vitalität, die der Frühling nach Istanbul bringt.
Sie sind die Gründer von Nishane, der ersten weltweit erfolgreichen Nischen-Parfümmarke der Türkei. Wie kam es dazu?
MG: Nishane entstand als Hommage an den unnachgiebigen Charakter und die historische Bedeutung Istanbuls, verbunden mit Tradition und Innovation im Bereich der Parfümkunst. Uns ging es darum, das reiche kulturelle Erbe der Stadt durch Düfte zu repräsentieren, seine Essenz in einer Flasche einzufangen. Und das kam gut an.
Ihre Düfte erzählen Geschichten über berühmte Orte: Paris, New York, Shanghai, Mumbai, und natürlich Istanbul.
MG: Beim Tragen unserer Düfte begibt man sich auf eine olfaktorische Reise. Wir glauben an die Kraft von Düften, Emotionen und Erinnerungen wachzurufen. Dazu erzählen wir Geschichten, die es uns ermöglichen, eine noch tiefere Verbindung zu unseren Kunden aufzubauen. Sie verleihen dem Duft eine zusätzliche Dimension und machen ihn zu einem persönlichen und bedeutungsvollen Erlebnis.
Wie entstehen neue Düfte bei Ihnen?
Murat Katran: Zunächst besprechen Mert und ich, welche Geschichte wir in der kommenden Kollektion erzählen wollen. Dabei lassen wir uns von verschiedenen Quellen inspirieren. Erst danach wählen wir einen Parfümeur. Dieser Schritt ist von entscheidender Bedeutung, da wir nach jemandem suchen, der unser Konzept in seine olfaktorische Kunst umsetzen kann. Dann stellen wir eine Liste von Parfümnoten zusammen, die als Palette für die Kollektion dienen. Sie fangen die Emotionen, Erinnerungen und kulturellen Elemente ein, die mit den neuen Düften assoziiert werden sollen. Gemeinsam mit dem Parfümeur tauschen wir Ideen aus, verfeinern Konzepte und stellen sicher, dass sich jede Note harmonisch in die Geschichte fügt, damit nicht nur ein Duft, sondern ein Sinneserlebnis entsteht.
Für Ihr neues Parfüm »Hacivat Oud« haben Sie mit Meisterparfümeur Dominique Ropion zusammengearbeitet. Was gaben Sie ihm für ein Briefing?
MK: Die Zusammenarbeit mit Dominique Ropion war eine außergewöhnliche Erfahrung. Er sollte einen Duft kreieren, der die Essenz unseres ikonischen Parfüms »Hacivat« einfängt und gleichzeitig traditionelle Oud-Elemente einfließen lässt, um die ursprüngliche Formel auf exotische Weise zu bereichern. Er hat es wirklich ausgezeichnet hinbekommen.
Haben Sie auch einen persönlichen Duft-Favoriten?
MG: Um ehrlich zu sein, verliebe ich mich in jeden Duft, den wir kreieren, weil ich eine tiefe Verbindung zu der Geschichte dahinter habe. Zu meinen absoluten Favoriten zählen aber »Hacivat X«, »Fan Your Flames« und »Afrika-Olifant«.
Wonach entscheiden Sie morgens, welches Parfüm Sie auftragen?
MK: Das ist für mich ein intuitiver Prozess. Es hängt oft von meiner Stimmung ab oder welche Termine tagsüber anstehen. Unser Sortiment ist glücklicherweise sehr vielfältig, deshalb finde ich immer ein Parfüm, das meine bevorstehende Reise optimal ergänzen und bereichern wird.
Hatten Sie schon einmal eine besondere Begegnung mit jemandem, der einen Ihrer Düfte trug?
MG: Wir waren letzten Sommer am Strand von Monte Carlo und nahmen plötzlich diesen vertrauten, intensiven Geruch neben uns wahr: Noten aus Mandarine und Pfirsich, Tuberose und Jasmin, Gardenien und Iris, Vanille und Vetiver. Ich konnte es nicht lassen und musste die Frau ansprechen. Sie trug unser Parfüm »Hundred Silent Ways«. Das hat sich in den zwölf Jahren, die wir das jetzt machen, nicht geändert: Wir sind immer noch unheimlich stolz, wenn wir eine unserer Kreationen im Alltag erschnuppern.
INTERVIEW: Sylvia Buchacher