Wo Reduktion der größte Luxus ist - séduction Magazin Germany
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DESIGN

Wo Reduktion der größte Luxus ist

Von Online Redaktion 16/05/2024
Credit: Aman Interiors
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Aman lanciert seine erste Interior-Kollektion mit einem Coup: Die Hotelmarke präsentiert Möbel von Kengo Kuma, dem japanischen Großmeister der Architektur.

Wer im »Amanzoe« Wauf der griechischen Halbinsel Peloponnes in Richtung Pool läuft, entdeckt einen kleinen, halbhohen Travertin-Tisch mit runder Platte und simplem Dreiecksfuß. Schweigend wartet er in der Ecke darauf, dass die Gäste des Hotels ihm eines der leuchtend weißen Handtücher abnehmen, die sich auf der Tischplatte stapeln.

Wer schon einmal in den Genuss gekommen ist, ein Aman-Hotel zu besuchen, weiß: Jedes Möbelstück hat hier einen bestimmten Platz. Überfluss gibt es nicht – das gehört zur Philosophie der 1988 gegründeten Hotelgruppe. Man darf also durchaus behaupten, dass den Interiors der Aman-Hotels eine besondere Ruhe innewohnt. Wollte man sie in einem Wort beschreiben, so böte sich das englische Wort »serenity« an, das noch etwas klangvoller schwingt als sein deutsches Pendant »Gelassenheit«.

Jetzt hat Aman erstmals eine eigene Möbelkollektion lanciert, bestehend aus einem Tagesbett, einem Loungechair, einem Beistelltisch und einem Esstisch mit passendem Stuhl. Letzteres Duo hat Kengo Kuma entworfen, der als einer der wichtigsten weltweit agierenden japanischen Architekten gilt. Vorgestellt wurde Kengo Kumas »Migumi«-Kollektion im Winter auf der Design Miami – jener Möbelschau, die sich gerade als wichtigstes amerikanisches Äquivalent zum Mailänder Salone del Mobile etabliert. Nun ist es nicht neu, dass Hotels Produkte für ihre Gäste entwerfen. Bestes Beispiel sind die weichen Bademäntel, die – weil zu viele Besucher sie einfach mitnahmen – irgendwann in den hauseigenen Boutiquen landeten. Ritz Carlton vertreibt längst eigene Bettwäsche, Soho House bietet eine umfassende Möbelkollektion und sogar Matratzen an. Viele Hotelshops gleichen heute gut kuratierten Concept-Stores, die man sonst eher aus Museen kennt.

Autorin: Valerie Präkelt

HANDGEFERTIGT: »Migumi« Stuhl, Loungechair »Ekam« und Beistelltisch »Trini« von Aman Interiors

Nur ist bei Aman, Stichwort Reduktion, alles noch eine Spur kultivierter und exklusiver, weshalb die Möbelkollektion lediglich aus einer Handvoll Möbelstücken besteht, die limitiert erhältlich sein sollen. Auch hier gilt: Reduktion ist Luxus. Lange gewann man Gäste des Aman vor allem mit Hautpflege, Düften, Kerzen und Accessoires wie einem Yoga-Set. Das passte gut, immerhin ist Aman für seine Spas und Achtsamkeitsroutinen bekannt. Mit der ersten Möbelkollektion spricht die Luxushotelgruppe, die auch Immobilien und private Residenzen entwickelt, nun noch gezielter jene Freunde des Hauses an, die vor allem deren zurückhaltendes Interior schätzen.

Seit Anfang des Jahres ist die »Foundations Collection« auf Anfrage erhältlich, entworfen im Londoner Studio von Aman Interiors. Ziel sei es, so heißt es bei Aman, Interiors »eine ruhige Atmosphäre zu verleihen«. Ergänzend dazu stehen die Stücke von Kengo Kuma, der schon seit Längerem ein Freund des Hauses ist: Er entwarf die Flakons der vor fünf Jahren eingeführten Spa-Produkte, außerdem einen Pavillon für den Hotelshop des »Amanpuri« in Phuket. Gerade arbeitet das Studio des Japaners am Bau des »Aman Miami Beach«, das 2026 eröffnen soll.
Die Möbel, die Kuma in Miami vorstellte, tragen eindeutig die Handschrift des Architekten. Aus Calacatta-Marmor und heller Eiche gefertigt, greift er auf ein Verbindungssystem aus Holz zurück, das typisch für sein Schaffen ist. »In der traditionellen japanischen Architektur sind Beton, Stahl oder Glas nicht vorhanden«, schreibt er im Vorwort seiner Monografie »Kuma« (erschienen bei Taschen), die Einblicke in sein Schaffen gibt. »Auch massive Baustoffe wie Stein bilden die Ausnahme. Stattdessen stehen leichte Materialien im Vordergrund, etwa Holz und Papier. Sie verbinden den Menschen mit der Natur.«

Die Handwerkstechniken, die die Voraussetzung für diese Arbeit bildeten, seien im Laufe von Jahrhunderten vervollkommnet worden, schreibt Kuma. Tatsächlich erinnert der Unterbau des Esstisches an Architektur: Das Holzleistengitter trägt die Marmorplatte und ist eine Reverenz vor der uralten Jigoku-Gumi-Technik – einem Handwerk, bei dem Holzbretter ohne Nägel oder Leim zu einer Struktur zusammengesteckt werden, die so komplex ist, dass sie nicht mehr zu zerlegen ist. Transparenz und Leichtigkeit sind seit jeher Kumas Schlüsselkonzepte. Für Aman Interiors hat er sie in Möbelstücke übersetzt. Hergestellt werden die Entwürfe in Higashikawa in Hokkaido, das bekannt für ausgezeichnete Holzarbeiten ist. »Ich möchte die Weisheit und das Wissen der Vergangenheit nutzen, um Architektur für die Gegenwart zu entwerfen«, hat Kengo Kuma einmal gesagt. Ein Stück dieses Wissens kann man sich nun nach Hause holen.

Autorin: Valerie Präkelt