Süße Verführungen: Was Zucker so verhängnisvoll macht
Süße Verführungen: Was Zucker so verhängnisvoll macht
Ernährungstipps

Süße Verführungen: Was Zucker so verhängnisvoll macht

Von Pia Scheiblhuber 02/01/2021
Credit: Getty Images
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Ganz klar: Zu viel Zucker macht ungesund und dick. Doch ganz darauf verzichten? Unmöglich! Dennoch sollte man sich mit dem Thema befassen, um dann auch bewusster genießen zu können.

Die Ernährungswissenschaftlerin Prof. Dr. Anette Buyken klärte mit séduction über die wichtigsten Punkte auf.

Die Grenze liegt bei 50 Gramm pro Tag –  schneller erreicht als man denkt

50 Gramm pro Tag, mehr Zucker sollte man nicht zu sich nehmen. Diese Menge macht zehn Prozent der Gesamtenergiezufuhr aus – und ist viel schneller erreicht als man denkt. Dieser Richtwert wurde vor einem Jahr als maximale Obergrenze im Konsensuspapier „Quantitative Empfehlung zur Zuckerzufuhr in Deutschland“ der drei Fachgesellschaften Deutsche Adipositas-Gesellschaft, Deutsche Diabetes Gesellschaft sowie Deutsche Gesellschaft für Ernährung festgelegt. Bei diesem Wert handelt es sich um die Menge der sogenannten freien Zucker. Dazu zählen laut Konsensuspapier „alle Monosaccharide und Disaccharide die Hersteller oder Verbraucher Lebensmitteln zusetzen, sowie in Honig, Sirupen, Fruchtsaftkonzentraten und Fruchtsäften natürlich vorkommende Zucker“.

„Zucker aus Obst, Gemüse, Milchprodukten und Trockenfrüchten zählen nicht dazu“, erklärt Anette Buyken, Ernährungswissenschaftlerin und Professorin für Public Health Nutrition an der Universität Paderborn, die am Konsensuspapier mitarbeitete. Sie weist darauf hin, wie verhängnisvoll die Einhaltung dieser Zucker-Obergrenze ist. Denn bereits ein Glas Fruchtsaft (200 ml) enthält 20 bis 25 Gramm Zucker. Allgemein ist bei zuckerhaltigen Getränken Vorsicht geboten. Denn Zucker ist in flüssiger Form am gefährlichsten. „Man nimmt dadurch zu viel Energie zu sich. Aufgrund der nicht ausreichenden Sättigungsantwort findet auch keine ausreichende Kompensation statt“, sagt die Professorin. Dabei unterscheidet man auch nicht zwischen Saft und Softdrink. „Fruchtsäfte – rein von der Energie – sind in ihrer Wirkungsweise den Softdrinks gleichzusetzen und enthalten auch ähnlich viel oder sogar mehr Zucker“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin. Jedoch sind Säfte aufgrund der in ihnen enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe gesundheitsförderlicher, was man von einer Cola nicht behaupten kann.

Ein hoher Zuckerverzehr werde insbesondere durch bestimmte gesellschaftliche Normen verursacht, meint Buyken: „Permanent bekommt man Süßes angeboten, am Konferenztisch und auf dem Hotelbett“. Solch gesellschaftlich zelebrierte Verhaltensweisen in Hinsicht auf Zucker manifestieren sich in der Winterzeit.

Keine wissenschaftlichen Evidenz für Zuckersucht, eher ein craving nach Süßem

Zur Orientierung weist sie aber auf das große Verhängnis von weihnachtlichen Süßigkeiten hin: Ein einziger Nürnberger Lebkuchen enthält bereits 15 g Zucker. Und bei einem bleibt es ja meistens nicht, wenn man erst mal zu naschen angefangen hat…

Manch einer hat das Gefühl, dass er gar nicht mehr auf all die Leckereien verzichten kann und fühlt sich regelrecht zuckerabhängig. „Es gibt aber keinen wissenschaftlichen Beleg, dass Zucker süchtig macht“, lässt Buyken wissen. „Man könnte dieses Gefühl wohl eher als craving beschreiben, als große Lust, die man gegenüber Süßem verspürt.“ Ebenso wenig könne man von einem Zuckerschock sprechen, wenn man zu viele zuckerhaltige Lebensmittel auf kurze Zeit zu sich nimmt. Denn was viele nicht wissen: Zucker hat weniger Einfluss auf den Blutzuckerspiegel als andere Kohlenhydrate. „Stärkereiche Lebensmittel wie Weißbrot lassen den erst schnell angestiegenen Blutzuckerspiegel kurze Zeit nach dem Verzehr wieder rapide sinken. Das ist bei Zucker nicht so sehr der Fall“, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin.

Dafür sind Nahrungsmittel mit hohem Zuckergehalt bekanntermaßen aufgrund ihrer Kalorienmenge gefährlich. Das größte, uneingeschränkt nachweisbare Risiko von erhöhtem Zuckerverzehr ist somit die Gewichtszunahme mit deren Folgeerkrankungen.

Drei Ratschläge, die helfen:

Alternativen anbieten: Auf dem Naschteller auch Nüsse, Trockenfrüchte und Obst anbieten, die für gesunde – und auch sättigende – Abwechslung sorgen.

Kleinere Mengen bewusst genießen: „Den Verzehr von Süßem sollte man zu einem bewussten Genussmoment machen“, rät Buyken. Am besten sollte man XL-Größen vermeiden, die süße Freude teilen und nicht nur immer die 500-Gramm-Lebkuchen-Packungen oder den 200-Gramm-Schokonikolaus kaufen, sondern lieber zu den kleineren Varianten greifen. Diese sind zwar oft teurer, häufig aber auch ansprechender verpackt. Somit laden sie geradezu dazu ein, in einem besonderen Moment mit einem lieben Menschen geteilt zu werden.

Stets bewusst und in Maßen Süßes zu verzehren ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Zuckerschlecken, kann aber ein Ansporn sein. Man könnte ja das neue Jahr dazu nutzen, die maximale Zuckermenge pro Tag einzuhalten? Wäre doch ein guter Vorsatz…