Mélanie Laurent: Im Bann des Bruno Sulak  - séduction Magazin Germany
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KULTUR

Mélanie Laurent: Im Bann des Bruno Sulak 

Von Christina Bylow 16/02/2025
Credit: Julien Panié
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Sie ist eine der großen Schauspielerinnen Frankreichs – und seit ihrem Auftritt in »Inglourious Basterds« regelmäßig Gast in amerikanischen Produktionen. Längst aber hat sich MÉLANIE LAURENT auch als Autorin und Regisseurin einen Namen gemacht. Ihr jüngster Coup: ein romantischer Thriller über Gangster und Ausbrecherkönig Bruno Sulak. Virtuos, aufregend und auch ein wenig provokant

Melanie Laurent mag ihren HELDEN. Daraus macht sie kein Geheimnis

Der Gentleman-Gauner und die Regisseurin

ES MUSSTE SCHON Cartier sein. Am helllichten Tag, in Cannes, auf der Croisette. Im August 1983 betrat ein gut aussehender Mann im Tennisdress, mit Schläger und Sporttasche, das Juweliergeschäft auf dem Prachtboulevard und ließ sich Uhren und Colliers zeigen. Beiläufig entblößte er irgendwann den Lauf eines Revolvers und bat die Angestellten darum, Ruhe zu bewahren. Mit der Beute in der Tasche verließ er den Tatort ohne jede Eile. Schmuck im Wert von 40 Millionen Francs, umgerechnet 12 Millionen Euro, verschwand spurlos und mit ihm der Dieb, Bruno Sulak, damals der meistgesuchte Einbrecher Frankreichs.

Seine guten Manieren und sein Prinzip, keine Gewalt anzuwenden, hatten ihm den Beinamen Gentleman Cambrioleur eingebracht: der Gentleman-Einbrecher. Eine mysteriöse Figur. Und eigentlich längst vergessen. Bis die Schauspielerin und Regisseurin Mélanie Laurent Bruno Sulak 2013 in einem Roman des französischen Autors Philippe Jaenada entdeckt und vor ihren Augen sofort Kinobilder aufsteigen. Es sollte zehn Jahre dauern, bis sie ihre Fantasie über das kurze Leben des Bruno Sulak (Lucas Bravo) in einem Film kondensiert. Ohne Rückgriff auf den Roman. »Ich wollte mehr Raum für Imagination.« Fast so, als hätte sich der unbedingte Freiheitsdrang Sulaks auf sie übertragen.

Faszination für den Helden

Sie mag ihren Helden, daraus macht sie kein Geheimnis. Sie mag ihn auch, weil er Frauen mit Respekt behandelte, weil er das Leben liebte und bis zum Schluss kein Blut an seinen Händen klebte. Einen »Abenteurer« nannte ihn sein liebster Feind, der Kriminalkommissar George Moréas (Yvan Attal), eine der wichtigsten Quellen für Laurents Film. Das Katz-und-Maus-Spiel von Täter und Ermittler erinnert an Spielbergs »Catch Me If You Can«. Die Liebesgeschichte mit Sulaks Komplizin Annie (Léa Luce Busato) hat allerdings nichts von Bonnie und Clyde, dem mordgierigen Verbrecherpaar, das im gleichnamigen Film durchaus glorifiziert wurde.

Von „Diebinnen“ zu Gangstern

Gerade die Gewaltlosigkeit von Bruno Sulak hat, so Mélanie Laurent, dazu beigetragen, dass er vergessen wurde, während ein anderer, wirklich brutaler Verbrecher dieser Zeit, Mesrine, heute in Frankreich noch im Gedächtnis sei. »Wir tendieren dazu, die nice guys zu vergessen«, sagt sie. Voriges Jahr erst lief ihre Action-Komödie »Diebinnen« bei Netflix. Im Mittelpunkt ein Trio wilder bad girls, Mélanie Laurent in einer Doppelfunktion als Schauspielerin und Regisseurin, an ihrer Seite die französischen Stars Adèle Exarchopoulos und Manon Bresch. Isabelle Adjani thronte als Patin im Hintergrund. Auch hier geht es um Einbruch, um den Raub eines Gemäldes. Aber vor allem um Geschwindigkeit, Gefühle und jene Lust an der Grenzüberschreitung, die Zuschauer immer ködert.


TRAGISCHES ENDE: Der echte »Gentleman-Einbrecher« Bruno Sulak (Lucas Bravo) starb bei einem Ausbruchsversuch

Eine Kindheit im Kino

Mélanie Laurent, 1983 in Paris geboren, ist mit dem Kino aufgewachsen. Ihr Vater, Pierre Laurent, war Schauspieler, ihre Mutter Ballettlehrerin. Als Sechzehnjährige fällt sie bei einem Besuch der Dreharbeiten von »Asterix und Obelix gegen Caesar« Gérard Depardieu auf, der sie in einem späteren Film besetzt. Es folgen Auftritte in Arthouse-Filmen, für ihre Darstellung einer hochsensiblen jungen Frau in »Keine Sorge, mir geht’s gut« bekommt sie 2007 den César. 2009 feiert sie ihren internationalen Durchbruch mit der Rolle der Shosanna in Quentin Tarantinos »Inglourious Basterds«. Ihr feinnerviges Gesicht mit den großen, mal grün, mal blau changierenden Augen prägt sich ebenso ein wie ihre kräftige, substantielle Stimme.

Multitalent hinter und vor der Kamera

Sie ist ein Multitalent. Singt, komponiert, spielt Klavier. Mit ihrem früheren Gefährten, dem Musiker Damien Rice, nahm sie ihr erstes Album auf. Dass sich diese Kreativität Wege hinter der Kamera sucht, ist nur folgerichtig. »Es ist ein anderer Blick auf unser Handwerk«, sagte sie in einem Fernsehinterview. Als Regisseurin ist sie offenbar ein Traum für Schauspieler: Léa Luce Busato erzählt: »Mélanie vertraute mir von Beginn an, sie gab mir jede Menge kreative Freiheit in der Darstellung.« Freiheit. Das ist Mélanie Laurents einfache, universelle Botschaft.