Geschlechtsspezifisches Marketing ist in der Schönheitsbranche omnipräsent. In der Drogerie merkt man schnell, wenn man die Frauenabteilung verlässt und die Männerabteilung betritt. Immer mehr Millennials finden aber einen neuen Zugang zu Beauty und Skincare.
Sie haben bestimmt schon von Judith Butler gehört, die Gender als soziales Konstrukt beschreibt. Dass Gesellschaften nicht binär funktionieren, ist der Menschheit bereits seit Jahrhunderten bewusst. Viele indigene Völker auf der ganzen Welt haben Geschlechtsmodelle, die über male und female hinausgehen – seien es Hijra in Südasien oder Two-Spirits in Nordamerika. Gender ist ein Spektrum und die Grenzen verlaufen fließend. Wie viel Sinn macht es vor diesem Hintergrund, Produkte speziell für Mann und Frau anzubieten?
Teurer Spaß in Rosa
Das Geschäft mit dem Geschlecht ist in erster Linie für große Marken lukrativ. Der Begriff „Pink Tax“ beschreibt die geschlechtsspezifische Preisdifferenzierung im Beauty-Segment. Eine logische Erklärung dafür, weshalb der rosa Frauenrasierer aber teurer ist als das Produkt für den Mann, gibt es in der Regel nicht. Und was ist mit denen, die durch das binäre Raster fallen? Wo werden non-binary und genderqueere Menschen abgeholt? Das Konzept vieler Marken ist veraltet und funktioniert nicht mehr.
The Rise of Unisex
Unisex-Mode hat sich in der Fashionwelt schon länger etabliert: Große Designer wie Alessandro Michele und Vivienne Westwood haben es vorgemacht, und Marken wie Asos und H&M haben sich daran angepasst. Beauty-Brands sind aber noch zögerlich. Davon profitieren besonders Unternehmen wie The Ordinary. Ihre Produkte sind minimalistisch designt, genderneutral vermarktet und wahnsinnig beliebt.
Inhaltsstoffe stehen im Vordergrund
Männer- und Frauenhaut unterscheiden sich zwar in bestimmten Charakteristiken, aber viel entscheidender als das Geschlecht bei der Wahl eines passenden Pflegeprodukts ist eine Grundkenntnis über Inhaltsstoffe und wie diese auf der eigenen Haut wirken. Der bewusste Umgang mit Skincare und Beauty wurde besonders von Millennials vorangetrieben. Das Bestreben, nachhaltige und cleane Artikel zu verwenden, ist mittlerweile aber in allen Generationen zu finden. Das Kaufverhalten einer steigenden Anzahl an Konsumenten orientiert sich nicht an der eigenen Geschlechtsidentität, sondern an den Ingredients. Würde es deswegen nicht mehr Sinn machen auf das Duschgel „Für leicht fettende Mischhaut“ statt „For Him“ zu drucken? Die Antwort darauf ist „Ja“, aber nicht nur der Kundenfreundlichkeit wegen – als Einstieg in ein neues Jahrzehnt hat 2020 die Welt ziemlich auf den Kopf gestellt; es wird Zeit sich von veralteten Schönheitsidealen zu verabschieden!
Jeder darf sich schön fühlen
Skincare und Make-up sollten keine geschlechtsspezifischen Privilegien sein, sondern – unabhängig von Labels – Menschen dazu empowern sich frei auszuleben. Genderless Beauty ist deshalb nicht nur ein Trend, sondern auch der Wunsch nach Akzeptanz und Veränderung.