
… passt in keine Schublade. Als Sohn eines norwegischen Geschäftsmanns hätte er sein Leben sorglos gestalten können. Doch mit drei Jahren entdeckte er die Geige und ruhte nicht, bis er Meister war.
Die Fans vergöttern ihn, die Modewelt will ihn für Kampagnen,und inzwischen komponiert der Best Dressed-Listenführer auch
Sie sind in Oslo erstmals wieder aufgetreten. Haben Sie die Aufregung eines voll besetzten Musiksaals vermisst?
Auf jeden Fall. Man verliert nämlich die Kaltblütigkeit. Aber das ist gut, denn die Dinge sollten nicht zu leicht werden.
Ist das Geigenspiel auch ein Kampf? Sie haben einmal Churchill zitiert, der seinen Soldaten sagte: „Ihr geht ins Löwenmaul und werdet eine gute Aufführung hinlegen.“
Ich war sehr schüchtern als Kind. Aber dann lernte ich die athletische Seite des Auftritts schätzen. Ich habe keine so große Angst mehr vor einer Blamage, auch wenn sie nie ganz verschwindet.
Ihre faszinierende Mimik beim Geigen verrät, wie sehr Sie sich öffnen.
Manchmal wird sie zu stark, weil ich zu viele Spannungen in mir habe. Man sieht der eigenen Sterblichkeit ins Auge. Das ist, wie in eine Schlacht zu ziehen. Doch wenn man den Tod nicht fürchtet, zeigt man sein bestes Selbst. Ich gehe auf der Bühne durch Momente von Glück und Schmerz, Tragik und Seligkeit. Das klingt erschöpfend, dabei energetisiert es mich! Und das Publikum reagiert auf die seelische Nacktheit, es spürt die Ehrlichkeit.
Dann endet das Zweifeln auch auf der Bühne nicht?
Man kann sich nie davor retten. Ich vergleiche es mit einem Teufel, der mitten im Spiel durch meine Fantasie tanzt.
Nein, der ist wichtig für den Respekt vor der Herausfor- derung. Und deine physische Präsenz ist das Erste, was die Menschen auf der Bühne sehen. Ich habe eine spezielle Kombination für mich entworfen, aber inzwi- schen langweilt sie mich. Ich brauche stärkere, festlichere Farben.
Sie erlebten Ihre Berufung, als Sie mit drei Jahren Beethovens Violinkonzert hörten. War es von Bedeu- tung, dass Sie im Auto saßen?
Inzwischen ist diese Geschichte zum Mythos geworden. Ich erzähle sie immer wieder, aber in Wahrheit kann ich mich nicht erinnern.
Sie haben sich den Violinisten Shlomo Mintz zum Mentor erwählt. Was hat er in Ihnen angesprochen?
Sein Klang ist sehr maskulin, und er hat eine fesselnde Präsenz. Seine Beine sind in den Boden gepflanzt. Ich habe mir eine ähnliche Haltung angewöhnt, auch wenn ich jetzt etwas davon wegzukommen versuche.
Beweisen Sie sich gern – auch gegenüber der Musikgemeinde, die Ihrer Arbeit als Model skeptisch begegnet?
Mich zu beweisen, ist nicht so wichtig. Ich habe über das Modeln nicht lange nachgedacht, ich wollte einfach sichtbar sein. Strategisch war das wahrscheinlich nicht klug. Aber die Menschen vergessen es auch wieder.
Sie standen ganz oben auf der Best-Dressed-Liste. Macht es Ihnen Spaß, einen persönlichen Stil zu kultivieren?
Ja, man sollte versuchen, ein gewisses Niveau zu halten. Im Leben kommt es auf die kleinen Dinge an, wie beim Geigenspiel. Die Details machen es erst lebendig. Man kann auch eine Tür auf attraktive Weise öffnen. Stil intensiviert die Erfahrung zu leben.
Erkennen Sie sich in den Modekampagnen wieder?
Das habe ich schon lange nicht mehr gemacht. Wenn ich zurückblicke, sah ich viel jünger aus. Und dann denke ich, dass ich nicht viel älter werden möchte.
War es für Ihre Entwicklung eher ein Vor- oder ein Nachteil, dass Sie aus einer vermögenden Familie stammen?
Eher ein Nachteil. Meiner Familie fiel es schwer zu verstehen, was es heißt, Musiker zu sein. Ich bin nicht sicher, ob ich genügend unterstützt wurde. Kinder mit einem Talent wissen nicht, wie hart sie arbeiten müssen, und brauchen viel Druck. Was die Privilegien meiner Herkunft betrifft, war ich auch im Nachteil, weil die Menschen nicht realisieren, dass sie dir helfen müssen. Die meisten Musiker haben eine Geschichte, sie kommen aus dem Nirgendwo und setzen sich durch. Die Leute sind an einem wie mir nicht so interessiert. Sie verstehen nicht, warum ich die Mühen einer Karriere auf mich nehme. Heute sage ich mir, dass ich eben bin, wer ich bin, und das Leben ist, was es ist. Ich mache das Beste daraus.
Ob Modeln oder Komponieren, Sie nehmen sich bietende Gelegenheiten wahr. Sehen Sie darin Schicksalswinke?
Absolut, ich glaube ans Schicksal. Man ist für seinen Weg verantwortlich. Aber die Vorstellung, sich in eine vorbestimmte Richtung zu bewegen, ist schön. Am Ende kooperiere ich mit dem Schicksal.
In der Presse werden Sie als einsamer Wolf dargestellt. Hat es Sie isoliert, in der Kindheit bis zu acht Stunden am Tag Violine zu spielen?
Es ist ein einsames Leben, man muss viele Opfer bringen. Nicht zuletzt in sozialer Hinsicht. Aber die Opfer sind es wert. Im Grunde habe ich alles, was ich brauche.
Sind Bücher gute Begleiter auf Reisen?
Ja, bis letztes Jahr habe ich 300 Tage im Jahr aus dem Koffer gelebt. Aber ich würde die Bücher Gefährten nennen, wie eine Zigarre, zu der ich mich hinsetze.
Freuen Sie sich auf den Tag, an dem Sie eine Stradivari spielen werden?
Ich spiele schon eine großartige Geige, eine Guarneri del Gesù. Ich bin ziemlich treu, auch wenn sie sehr fordernd ist. Sie reagiert aggressiv auf ungewohnte Umgebungen und verweigert manchmal einfach den wunderbaren Klang, den ich von ihr kenne.
Ihre Schüchternheit haben Sie abgelegt. Heute halten Sie frei Reden und machen Witze im Fernsehen.
Wer im Rampenlicht überleben will, muss sich dafür eine Persönlichkeit schaffen. Sie darf nur nicht allzu weit von dir entfernt sein.