Gérald Gentas Meisterstück: Die Royal Oak  - séduction Magazin Germany
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Uhren & Schmuck

Gérald Gentas Meisterstück: Die Royal Oak 

Von Online Redaktion 13/02/2025
Credit: PR
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LEGENDE über NACHT Wie ein Geistesblitz zur Geburt einer Ikone führte, die die Welt der Uhren für immer verändern sollte: Vor einem halben Jahrhundert entwarf Gérald Genta für Audemars Piguet die erste hochwertige Uhr aus Stahl statt Gold: die »ROYAL OAK«

Für kaum eine Uhr dieser Welt kann die Stunde ihrer Geburt so genau bestimmt werden wie für das Modell »Royal Oak« aus dem Hause Audemars Piguet. Ihr Erfinder, der als »Picasso der Uhrenwelt« geltende Designer Gérald Genta, konnte sich in einem Interview, das er 2011, wenige Monate vor seinem Tod gab, noch genau an den ungewöhnlichen Anruf erinnern, den er am späten Nachmittag des 10. April 1970 in seinem Hotelzimmer in Basel empfing.

Am Apparat war Georges Golay, Geschäftsführer der damals für aufwendige und komplizierte Golduhren bekannten Manufaktur aus dem Schweizer Vallée de Joux. Sein Auftrag: »Wir brauchen eine nie dagewesene Sportuhr aus Stahl – und ich brauche den Entwurf bis morgen früh.« Der junge Genta fackelte nicht lange, setzte sich an den Skizzenblock und brachte in einer einzigen Nacht eines der ikonischsten Uhrendesigns der Geschichte zu Papier. Noch dazu hochkomplex, da er seinen Auftrag fälschlicherweise so verstanden hatte, dass die Uhr absolut wasserdicht sein sollte.

Wieso aber wollte eine renommierte und bis dahin für ihre teuren Einzelstücke und Kleinserien bekannte Uhrenmanufaktur überhaupt quasi über Nacht in das Geschäft mit in Mengen produzierbaren Stahluhren einsteigen? Nur wenige Stunden vor seinem Anruf bei Genta hatte sich Georges Golay in Vorbereitung auf die am nächsten Tag beginnende Basler Uhrenmesse mit seinen drei wichtigsten Vertriebsagenten aus Italien, Frankreich und der Schweiz getroffen. Dies war der Ausgangspunkt für die Entwicklung der „Royal Oak“. Die Agenten überfielen Golay mit der einstimmigen Forderung nach einer modernen, zeitgeistigen Stahluhr, um die teureren Golduhren von Audemars Piguet überhaupt bei ihren Händlern vermarkten zu können. Ein Risiko für Marke und Finanzen, aber Golay wagte den Sprung ins kalte Wasser.

Zur Genese des Designs erzählte Gérald Genta in seinem Interview, dass er als Kind einmal beobachtet habe, wie einem Taucher auf der Genfer „Pont de la Machine“-Brücke ein Helm mit Bolzen auf dem Taucheranzug befestigt wurde, und er fasziniert von dieser Konstruktion war, die einen Menschen unter Wasser am Leben halten konnte. Die charakteristische abgerundet-oktogonale Lünette mit den acht sichtbaren Schrauben sei aber nicht nur eine optische Referenz gewesen, sondern konstruktive Notwendigkeit, um die Wasserdichte des Monocoquegehäuses der „Royal Oak“ zu erreichen.

Heute bezweifeln Historiker, dass wirklich ein Taucherhelm als Inspiration für das besondere Gesicht der Uhr gedient haben kann – vermutlich war es eher eine harmlose Paketwaage im damaligen Büro von Audemars Piguet, deren Gestaltung erstaunliche Ähnlichkeit mit der Uhr aufweist. Im Grunde ist die Frage müßig, schließlich beschrieb Genta selbst seinen Designprozess als kreative Umsetzung einer ganzen Summe an unbewussten Beobachtungen, die schließlich im Entwurf von etwas Neuem münden.

Die sichtbaren Schrauben – zur Zeit der Entstehung der Uhr revolutionär – stehen symbolisch für Widerstandsfähigkeit, Technik und Solidität. Sechseckig und lückenlos in der Lünette versenkt, bleibt es ein Rätsel, wie das Gehäuse überhaupt zu öffnen ist, was den Vergleich mit einem Safe nahelegt, der das zum Teil aus Gold gefertigte mechanische Werk im Inneren des Stahlgehäuses schützt. Ein Bollwerk der traditionellen Uhrmacherei gegen die damalige Bedrohung durch die Quarztechnik?

Was die Agenten in Gentas Entwurf lasen, ist nicht überliefert. Nur, dass sie die Uhr kauften, ohne überhaupt einen Prototyp gesehen zu haben. Heute ist die „Royal Oak“ das erfolgreichste Modell des Hauses.

Ihren Namen erhielt sie übrigens erst mehr als ein Jahr später. Der Vorschlag kam wieder von einem Agenten, eine Referenz an die metallbewehrten Kriegsschiffe der britischen Royal Navy. Er stach Alternativen wie „Safari“, „Grand Prix“ oder „Oxford“ aus. Gérald Gentas Versuch, die Uhr nach seiner nautischen Inspiration zu benennen, wurde verworfen – gelang ihm aber einige Jahre später bei einem anderen Modell und einem anderen Haus: der „Nautilus“ von Patek Philippe

– Friederike Weissbach