Jaeger-LeCoultre: Reverso - séduction Magazin Germany
Uhren & Schmuck

Jaeger-LeCoultre: Reverso

Von Redaktion 29/07/2024
UNERSCHÜTTERLICH: Die »Reverso« wurde ursprünglich für Polospieler entwickelt. Credit: Jaeger-LeCoultre
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Sportuhr, Art-déco-Klassiker, Trägerin geheimer Botschaften und Rekordhalter: Die “Reverso” von Jaeger-LeCoultre ist Kult. Auch, weil sie so schnell nichts aus der Ruhe bringt. Doch um ein Haare wäre die Ikone in Vergessenheit geraten.

Alles begann mit einer Reise nach Indien. Vor etwas weniger als 100 Jahren besucht der Schweizer Unternehmer und Uhrenmacher César de Trey dort nämlich ein Polospiel britischer Armee-Offiziere und wurde Zeuge, wie einem Spieler in der Hitze des Gefechts das Glas seiner Armbanduhr zerbarst. Der Legende nach beschwerte sich der betroffene General bei de Trey im Anschluss des Spiels darüber, dass es keine Uhr gebe, die den Herausforderungen des Pferdehockeys – Erschütterung, Stöße und zuweilen Schläge – gewachsen sei.

Zurück daheim kontaktierte der Uhrensammler seinen Geschäftsfreund Jacques-David LeCoultre, der die zu diesem Zeitpunkt bereits lang etablierte Uhrenmanufaktur LeCoultre leitete, und berichtete ihm von der eklatanten Marktlücke. Der Enkel des Feinmechanikers und Uhrentüftlers Antoine LeCoultre, der das Unternehmen 1833 gegründet hatte, holte – wie schon bei anderen herausfordernden Projekten – den Pariser Uhrmacher Edmond Jaeger ins Boot.

Die drei Herren wollten ein Wendegehäuse kreieren, dessen Boden das zerbrechliche Glas des Zifferblattes während des Spiels schützen würde. Doch erst der französische Ingenieur René-Alfred Chauvot vermochte es, die Aufgabe zu lösen: Am 4. März 1931 reichte er in Paris den Patentantrag für eine Uhr ein, »die in der Lage ist, in ihrer Halterung zur Seite geschoben und vollständig gewendet zu werden«.

Die »Reverso« war geboren. Ihr schwarzes Zifferblatt – zu einer Zeit, als diese fast ausnahmslos silbrig-weiß daherkamen – in Kombination mit kontrastierenden Indizes und der rechteckigen, schlanken Form standen für den modernen Zeitgeist des Jugendstils. Schnell wurde die Uhr zum Synonym für die Marke Jaeger-LeCoultre, die 1937 offiziell aus der engen Zusammenarbeit der beiden Uhrmacher-Häuser entstand.

In den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg wurde das Modell auch abseits der Polofelder beliebt und außer in Stahl auch in Gold, als Damenuhr und auf Anfrage sogar mit farbig lackierten Zifferblättern gefertigt. Die Gehäuserückseite war von Anbeginn eine Fläche für Personalisierungen aller Art: ob Gravur oder Miniatur-Emaille, ob geheime, nur dem Träger bekannte Widmung oder für alle sichtbar nach außen gewendetes Dekor.

Die Idee, dort ein zweites Zifferblatt zu platzieren, sollte allerdings noch einige Jahrzehnte unverwirklicht bleiben. Vor allem, weil der Klassiker des Art déco die Geschmäcker der Nachkriegszeit nicht mehr bedienen konnte und in der Quarzkrise der Uhrenbranche beinahe ausgestorben wäre.

Erst ein Vertriebspartner aus Italien entdeckte in den Siebzigerjahren bei einem Besuch der Manufaktur im Schweizer Valleée de Joux die letzten Gehäuse, kaufte sie auf und bestückte sie mit Uhrwerken. Sie waren innerhalb weniger Wochen ausverkauft. Der Erfolg überzeugte das Unternehmen schließlich, der »Reverso« Ende der 1970er zur Wiedergeburt zu verhelfen. Mitte der 80er Jahre wurde auch das Gehäuse nach neuesten technischen Standards überarbeitet.

Seitdem ist die »Reverso« fester Bestandteil der Uhrenwelt und erscheint Jahr um Jahr in neuen Varianten. Sie dient als Spielwiese für die im Hause versammelten Handwerkskünstler, die Gehäuse und Zifferblätter mit Emaille, Guilloche oder Diamantbesatz veredeln. Von den Uhrmachermeistern ganz zu schweigen: Mehr als 50 unterschiedliche Uhrwerke, samt beinahe allen handwerklich machbaren Komplikationen, wurde für die »Reverso« bereits umgesetzt. Rekordhalter ist ein Modell mit drei Zifferblättern und 18 verschiedenen Funktionen. Und das alles, ohne das äußerliche Erscheinungsbild der Uhr groß zu verändern. Die »Reverso« überrascht, auch mehr als 90 Jahre nach ihrem Einstand.

AUTORIN: Friedericke Weissbach