Parfum-Publisher Frédéric Malle und Parfumeur Jean-Claude Ellena zelebrieren ihre erste gemeinsame Kreation: „Rose & Cuir“. Regina Stahl traf die beiden in der Domaine Sainte Blanche bei Grasse – einst Wohnhaus und Atelier des legendären Edmond Roudnitska, heutiger Treffpunkt für Parfumeure aus aller Welt. Wenn zwei so starke Persönlichkeiten wie Frédéric Malle und Jean-Claude Ellena aufeinandertreffen, kann es nur der Beginn von etwas Außergewöhnlichem sein. In diesem Fall von einem Parfum, das zwar „Rose & Cuir“ heißt, aber keineswegs aus den erwarteten Ingredienzen kreiert wurde. Doch von vorn: Frédéric Malle stammt aus einer bekannten Parfumeur-Familie, sein Großvater Serge Heftler-Louiche gründete die Duftlinie ParfumsChristian Dior. Er hatte aber nie Ambitionen, Düfte selbst zu erschaffen, sondern sieht sich als eine Art Verleger, der unterschiedlichen Parfumeuren die Chance gibt, zu einem bestimmten Thema einen Duft zu entwickeln, der vor allem eins sein soll: weit entfernt vom Mainstream. Exklusive Nischen zu erkennen, hat für ihn Priorität. Was lag da also näher als die Zusammenarbeit mit Jean-Claude Ellena, einer der talentiertesten Nasen der internationalen Duftszene, jahrelang Hausparfumeur bei Hermès und trotz Retirement noch längst nicht müde, olfaktorische Novitäten zu erschaffen?! „Inspiration für den neuen Duftwar ‚La Rose de Rochas‘, ein Duft, den Edmond Roudnitska 1949 kreiert hat und der heute leider nicht mehr hergestellt wird“, erzählt Ellena. „Frédéric bat mich, das Thema Rose zumodernisieren. Aufzudecken, welche neuen Facetten dieses Klassikers es noch gebenkönnte. Das war für mich natürlich eine Herausforderung, wie ich sie mir nicht besser wünschen konnte.“ Das Thema Rose sei für einen Parfumeur wie das Keyword Liebe füreinen Sänger, schmunzelt er. Bei Frédérique Remy, die in der Nähe von Grasse ihre Firma Floral Concept aufgebaut hat und dort Rohstoffe für Parfums herstellt –laut Ellena übrigens der Rolls-Royce der Branche – fand er eine bestimmte Pfeffernuance, die bereits 1944 von der legendären Parfumeurin Germaine Cellier für den Duft „Bandit“ von Robert Piguet verwendet wurde. Daraus mixte er einen Cocktail mit Geranium von Réunion, einer Insel, diezu Frankreich gehört. Einen hohen Qualitätsstandard zu bekommen, ist hier schwierig, „aber für Nischenprodukte, die nicht in hoher Auflage hergestellt werden, genau das Richtige. Für uns die ideale Annäherung an den Duft einer Rose“, so Malle und Ellena. Dazu kam dann noch das seit der Ära des Jazz Age nicht mehr so populäre Molekül Isobutyl Quinoline mit leicht bitterer Note, was bei „Rose & Cuir“ für einen Lederakzent sorgt. „Ich habe mich fast ein bisschen darüber amüsiert, aus unerwarteten Nuancen einen Rosen-und Lederduft zu komponieren“, sagt Jean-Claude Ellena und lacht mit seiner verschmitzten Art. „Einen Rosenduft ohne typische Rosenformeln zu kreieren, hat mir Spaß gemacht.“ Um das zu feiern, stoßen Malle und Ellena mit den Rotweinen Château Lafite-Rothschild und Romanée de Bourgogne an. Vielleicht bilden deren Aromen ja die Basis für eine neue Kreation… Text: Regina Stahl
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