Alles auf Null - über eine FX Mayr Kur am Wörthersee - séduction Magazin Germany
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Alles auf Null – über eine FX Mayr Kur am Wörthersee

Von Habib Yaman 21/11/2019
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Es ist 6.20 Uhr, und ich checke meine Mails, während ich das Mundziehöl von der einen Backentasche in die andere schiebe. Klasse, das nenne ich mal einen guten Start in meine FXMayr Kur, zu der Digital Detox genauso gehört wie Darmsanierung, Entgiftung und Bewegung. Aber gut, dann kann ich es ab jetzt nur noch besser machen.

Mein Bauch war schon immer die Schwachstelle meines Körpers, nicht selten lief es in Magen und Darm nicht rund. Bei Ärzten fiel in diesem Zusammenhang oft der Begriff Stress und dass meine kohlenhydratreiche und zuckerlastige Ernährung die Probleme nicht verbessere. Eine einwöchige Fastenkur, benannt nach dem österreichischen Mediziner Franz Xaver Mayr, die den Darm in den Mittelpunkt der Gesundheit stellt, soll deshalb nun meinen Reset-Knopf drücken. Und zwar im Original FX Mayr in Dellach am Wörthersee, jenem Ort, wo Mayrs Schüler Erich Rauch 1976 das erste Mayr-Zentrum eröffnete und die reine Fastenkur um Massagen, Naturheilverfahren und Reflextherapien erweiterte. Meine Kurtage beginnen ums sechs Uhr mit Ölziehen, Dehn-und Kräftigungsübungen für den ganzen Körper, mildem Abführsalz und einem Frühstück, das nichts mit dem zu tun hat, was ich sonst esse. Ein hartes Buchweizenweckerl, ein Glas Schafsjoghurt und eine viertel Scheibe getrocknete Orange. Daran, wie auch an die Gemüsesuppe am Mittag und die klare Brühe am Abend, die mein Fastenprogramm von 300 Kalorien pro Tag komplettieren, muss ich mich erst mal gewöhnen. Doch noch fremder ist die Stille beim Essen. Keine Gespräche, kein Lesen oder Handychecken und die Aufforderung, jeden Bissen 30-bis 40-mal zu kauen. Bei den ersten Mahlzeiten weiß ich gar nicht, wohin mit meinen Gedanken, starre ständig auf die Uhr, als würde ich auf ein erlösendes Pausenklingeln warten. Doch schon am nächsten Tag genieße ich die Zeit, verspüre keinen Drang, mich an der Flüsterunterhaltung meiner Sitznachbarn zu beteiligen. Ich entspanne mich mit jedem Bissen. 

Niemandem sagen, dass man etwas ändern möchte. Einfach machen.

Nach der Erstuntersuchung bei meiner Kurärztin Dr. Elka Wrolich füllt sich meine Woche mit Therapien, Behandlungen und Untersuchungen. Zum täglichen Standard gehören das Kneippen, ein ärztlicher Checkup, Lymphdrainagen für den Bauch, Bewegung und das Einnehmen mehrerer Nahrungsergänzungsmittel, die den Entgiftungsprozess unterstützen. Basenpulver, Kalium, Magnesium, Vitamin B12 und Omega-3-Fettsäuren. Neben dem Stretching am Morgen mache ich Yoga und gehe abends auf geführte Wanderungen. Wir spazieren über Wiesen und durch Wälder, streifen Dörfer und pumpen unsere Körper dabei mit Sauerstoff voll. Ich spüre, wie mein Körper die Bewegung vermisst hat. Und ich lerne andere Kururlauber kennen, die aus der ganzen Welt an den Wörthersee kommen: Einen jungen Mann aus Kuwait, dessen Eltern jedes Jahr für drei Monate hier einchecken, eine Gruppe von Engländerinnen um die 60, den Boss einer großen internationalen Hotelkette. Außerdem verordnet mir meine Ärztin die FX Mayr Standards wie Osteopathie, Salzpeelings, Leberwickel und Basenbäder. Bei meiner ersten Massage schüttet es draußen wie aus Kübeln, und auch über mir bricht ein Gewitter herein. Meine Meridiane, die vom Oberschenkel zu den Bauchorganen führen, sind blockiert und melden sich bei jeder Berührung mit höllischen Schmerzen. In diesem Moment beschließe ich, künftig besser auf mich zu achten. Den entscheidenden Tipp, um mein Vorhaben umzusetzen, bekomme ich von meinem Therapeuten: Niemandem sagen, dass man etwas ändern möchte. Einfach machen. Energie dafür schöpfe ich bei einer Art Höhentraining, der Mitochondrientherapie–IHHT. Ich atme 45 Minuten lang durch eine Maske und bekomme dabei abwechselnd sauerstoffarme und gewohnt gesättigte Luft. Dabei werden Stoffwechsel und Fettverbrennung aktiviert und die Vermehrung von jungen und gesunden Mitochondrien wird angekurbelt. Während der Behandlung schlafe ich ein, danach bin ich topfit. Bei einer Stoffwechselanalyse am nächsten Morgen bestätigt sich mein Gefühl: Von der sogenannten Kurkrise bleibe ich verschont. Mein Körper hat in rasantem Tempo von der Zucker-auf die Fettverbrennung umgeschaltet. Meist zieht sich dieser Prozess über Tage und geht oft mit Schwindel, Kopfschmerzen, Depressionen und Übelkeit einher. Ich habe zum Glück nur vor den Mahlzeiten ein flaues Gefühl und keine rechte Lust zu essen

Ich muss lernen, mit mir allein zu sein

Dr. Wrolich verordnet mir Bitterstern-Tropfen und gegen das Ziepen meiner Leber Infusionen mit Vitamin C, Antioxidantien und Ginseng, die ihr beim Entgiftungsprozess helfen. Schon sind auch diese Zipperlein verschwunden. Die nächsten Tage sind durchgetaktet, doch zwischen den Therapien bleibt immer etwas Zeit, um es sich auf einer Liege bequem zu machen und die Wasserskifahrer dabei zu beobachten, wie sie über den See gleiten. Mir tut der straffe Zeitplan gut, denn neben den Entbehrungen ist doch das Heimweh die größte Challenge, die ich bei der FX Mayr Kur bestehen muss. Sehnsucht nach meiner Familie, aber auch nachmeiner Routine. Meinen prall gefüllten Arbeitstagen, dem ständigen Kommunizieren auf allen Kanälen. Eine Routine, die mich ausfüllt und jetzt plötzlich weg ist. Ich muss lernen, mit mir allein zu sein, auf meinen Körper zu hören, ihm Gutes zu tun.

Treat your body

Für die meisten weit schwieriger, als auf Schokolade und ein Glas Wein zu verzichten. Doch darumgeht es neben der Darmsanierung bei FX Mayr. Um Achtsamkeit gegenüber sich selbst und die Reduktion auf das Wesentliche. Nach einer Woche reise ich wieder ab, fühle mich wie neugeboren und weiß nach dem Abschlussgespräch mit meiner Ärztin, wie ich die Kur im Alltag verlängern kann. Ich will 21 Tage schaffen, denn nach dieser Zeit empfindet der Körper Neues als Gewohnheit. Und es klappt: Zu meiner neuen Routine gehören jetzt mehr Bewegung, intermittierendes Fasten, meine lauter gewordene innere Stimme, ein paar Kilo weniger auf der Waage und vor allem ein gutes Bauchgefühl. Selbst Mundziehöl wende ich morgens an – ohne dabei meine Mails zu checken. 


Text: Katja Dreißigacker