
Schreiten statt schlurfen, Schultern zurück und auf keinen Fall den Hals einziehen: Eine aufrechte Haltung und ein elastisch-federnder Gang, gepaart mit einer schlanken Figur, optimieren die Ausstrahlung auch jenseits des 50plus-Äquators.
REGINA STAHL hat beobachtet – und zieht ihre Schlüsse
An einem der letzten schönen Spätsommertage saß ich auf der leicht erhöhten Terrasse eines meiner Lieblingsrestaurants an der Münchner Maximilianstraße und genoss den Ausblick: gegenüber das Nationaltheater, die Residenz, dahinter die beiden Türme von St. Ludwig. Direkt vor mir flanierten die typischen Maxi-Shopperinnen, führten vielleicht zum letzten Mal ihre leichten Flatterkleidchen aus und trugen in Trendlabel-Tüten sicher nur bedingt Herbstzeitloses vorbei. Manche stolzierten, einige stöckelten, die meisten aber latschten – wobei sich der schlurfende Gang direkt über die Wirbelsäule bis in die Kopfhaltung fortgesetzt hat. Aber anscheinend haben sie sich dabei wohlgefühlt – verlangt doch das iPhone-Workout beim Gehen eine leicht vornübergeneigte Haltung …
Noch heute werde ich gefragt, ob ich als Kind Ballettstunden hatte. War ja so üblich und ist auch heute noch sehr empfehlenswert, weil man schon früh ein Körperbewusstsein entwickelt, durch das sich Hals, Wirbelsäule und Beine in die Höhe bzw. in die Länge schrauben lassen. Stolze Haltung bewahren, gerade gehen – meine Mutter ließ mich sogar, ein Buch auf dem Kopf balancierend, hin- und herschreiten, weil sie fürchtete, das einseitige Tragen des Schulranzens könnte mich auf Dauer schief einstellen. Zusätzlich sorgten Reitstunden dafür, dass ich meinen Rücken gerade hielt – nicht nur auf dem Pferd, sondern auch beim Laufen. Apropos: Das richtige Gehen beeinflusst die optische Wahrnehmung entscheidend. Federndes Abrollen der Füße ist ganz wichtig. Das kann man mit einem kleinen Ball, den man mit der Fußsohle zwischen Zehen und Hacken hin- und herbewegt, trainieren. Außerdem versuche ich, so oft wie möglich barfuß zu laufen. Zwischendurch stelle ich mich immer wieder mal auf die Zehenspitzen, um die Elastizität der Fußregion zu erhalten. Perfektes Training dafür ist – leider saisonbedingt – auch Laufen im Sand. Besonders effektiv für die Dynamik, wenn man sich zwischendurch immer wieder mal mit den Armen in die Höhe streckt: Der Himmel scheint zum Greifen nah – man muss nur wollen.
Meine Lieblings-Orthopädin Ute von Stuckrad, die auch die 1. Bundesliga-Frauenmannschaft des FC Bayern München betreut, legt großen Wert auf Körperspannung, die als Voraussetzung für eine möglichst perfekte Körperhaltung gilt. Da sie im Schlafzustand anders – wesentlich entspannter – ist als im Wachzustand, muss sie erlernt und trainiert werden. „Die beste Einleitung für entsprechende Übungen ist ein dynamisches Dehnen“, erklärt die Ärztin. „Gut für die Haltung sind Unterarmstütz, Seitstütz, Beckenhe- bung. Dazu Yoga-Elemente wie z. B. der Sonnengruß. Zehn Minuten – die aber regelmäßig – reichen aus, um die Haltung zu bewahren oder gegebenenfalls zu verbessern.“
Um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht bei der richtigen Haltung nicht um das durchgedrückte, sondern um das gerade Kreuz. Die ausgewogene Balance zwischen Schultern und Hüften. Das elastische Vorschwingen der Beine – nicht den Wackelgang der GNTM-Meeedchen. Und wenn Sie noch immer nicht wissen, was ich meine: Demnächst läuft im Fernsehen sicher wieder mal ein Film mit Audrey Hepburn – perfekter geht’s nicht!