Nordic Walking – ein Sport, der vor 20 Jahren einen regelrechten Hype ausgelöst hat. Und die Attraktivität dieses Sports ist kaum abgeebbt. Kein Wunder, handelt es sich doch um einen schonenden aber dennoch fordernden Sport, den man überall ausüben kann. Aber worauf kommt es beim Nordic Walking wirklich an?
séduction hat mit Harald Fichtner, einem der renommiertesten Nordic Walking-Master Trainer Deutschlands, gesprochen. Dazu hat er sich 2000 in Finnland ausbilden lassen, 2002 gründete er den Verband der Nordic Walking Schulen (VDNOWAS). Der richtige Mann also, um über die richtige Technik und die Vorteile des Nordic Walking zu sprechen.
Flottes Walken mit Stöcken – das verstehen viele unter Nordic Walking. Steckt nicht viel mehr dahinter?
Natürlich, es geht hier nicht um Spazierengehen mit Stöcken. Nur wer die richtige Technik anwendet und sich von einem erfahrenen Trainer anleiten lässt, kann letztendlich behaupten, Nordic Walking bewusst und richtig zu praktizieren. Erst durch die großen Schritte und den geübten Stockeinsatz können die Muskeln trainiert und das Herzkreislaufsystem aktiviert werden.
Worauf kommt es bei der Technik an?
Die Armbewegung und der damit verbundene Stockschub sind entscheidend. Der Stock wird weit vorne angesetzt und aktiv weit nach hinten geschoben. Dabei wird der Arm nah an der Hüfte nach hinten bewegt. Vom richtigen Stockeinsatz ist auch die Schrittlänge abhängig: Bewegt man den Stock schön weit nach vorne und nach hinten, werden auch die Schritte automatisch länger. Genau darum geht es beim Nordic Walking: Die Schritte sollen mit der Zeit länger werden, nicht schneller. Insgesamt soll man in einen richtigen Flow kommen, die Bewegung sollte automatisch und ruhig ablaufen.
Was ist der typischste Fehler, den man unbedingt vermeiden sollte?
Ganz klar: zu kurze Armbewegungen. Der Oberarm wird oft nicht weit genug nach hinten geschoben, der Stock wird dadurch zu früh wieder nach vorne genommen. Erst wenn der Stock keinen Bodenkontakt mehr hat, sollte der Arm wieder nach vorne geschwungen werden.
Was macht Nordic Walking zu einem so wirkungsvollen Sport?
Es ist ein Training, das im Grunde alle sportmotorischen Eigenschaften umfasst. Die Ausdauer wird trainiert, indem das Herzkreislaufsystem gefordert wird. Ein ganz wichtiger Punkt ist der positive Effekt auf die Beweglichkeit. Denn meist sind Schulter und Hüfte nur eingeschränkt beweglich, der Hüftbeuger verkürzt, Hals, Nacken und Schultern verspannt. Nordic Walking dehnt den Hüftbeuger auf und lässt durch den Stockeinsatz die Hals-Nacken-Schulter-Partie aktiver und beweglicher werden. Ein richtiges Krafttraining ist Nordic Walking zwar nicht, wenn man aber bergauf geht, kann die Beinmuskulatur gut trainiert werden. Schnelligkeit kann sogar auch eine Rolle spielen, wenn man joggt anstatt zu walken. Ein großer Vorteil ist, dass die Koordination sehr gut geschult werden kann.
Inwiefern kann mit Nordic Walking die Koordination trainiert werden?
Durch den Stockeinsatz. Denn das gegengleiche Pendeln der Arme und Beine, das beim Nordic Walking im Gegensatz zum normalen Walken mit größerer Bewegung ausgeführt wird, kann am Anfang Probleme bereiten. Bei wem sich diese Pendelbewegung automatisiert hat, kann auch den Stockeinsatz zum Beispiel nach jedem vierten Schritt auslassen. Das fordert die Koordinationsfähigkeit.
Die klassische Nordic Walking-Technik kann also auch abgewandelt werden?
Ja, je nachdem, was man gezielter trainieren möchte. Koordinationstechnisch ist die Variation des Stockeinsatzes eine Herausforderung: Man setzt einen Rhythmus fest, der die Pendelbewegung der Arme regelmäßig unterbricht. Auch Sprünge können eingebaut werden. Und fürs Bergauf- und Bergabgehen braucht man jeweils eine etwas andere Technik. Nordic Walking kann deshalb auch vielseitig und abwechslungsreich sein.