Wenn der Kopf den Körper blockiert: Mentaltraining für Sportler - séduction Magazin Germany
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Wenn der Kopf den Körper blockiert: Mentaltraining für Sportler

Von Pia Scheiblhuber 23/07/2020
Credit: Stocksy

Nur mit mentaler Stärke erreicht man ambitionierte sportliche Ziele. Denn wenn der Kopf nicht mitspielt, kann auch der Körper keine Höchstleistungen erzielen. Mentaltraining kann helfen. Wie es funktioniert und was die Vorteile sind, erklärt Mentalcoach Wolfgang Seidl im séduction-Interview.

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Sensationelle Leistungen auf Knopfdruck abzurufen ist für die meisten eine Riesenherausforderung. Nicht nur im Job, sondern auch im Sport. Da hat man sich ein hohes Ziel gesetzt, lange darauf trainiert und wäre körperlich bereit – doch dann spielt der Kopf einfach nicht mit. Mit Mentalcoaching kann man sich auf solche Situationen gezielt vorbereiten.

Im séduction-Gespräch erklärt Mentalcoach Wolfgang Seidl, was es mit Mentaltraining auf sich hat und woraus es besteht. Der Österreicher und frühere Leistungsgssportler, der u.a. schon einige Ironman-Rennen absolviert hat, weiß, welchen Effekt die mentale Stärke auf die Leistungsfähigkeit des gesamten Körpers hat.

Wie sind Sie zu Mentaltraining gekommen?

Als ich mich entschlossen habe, meinen ersten Marathon zu laufen, habe ich sehr viel trainiert und war gut vorbereitet. Dann, kurz vor der Anmeldung, habe ich plötzlich gemerkt, dass das Selbstvertrauen weg ist. Negative Gedanken haben mich letztendlich abgehalten, mich anzumelden. Da habe ich gemerkte, dass der Kopf eine sehr wichtige Rolle spielt und dass nicht nur der Körper gut trainiert werden muss. Ab dieser Zeit habe ich mich intensiver mit der mentalen Komponente beschäftigt und dann Jahre danach beschlossen einen fünfsemestrigen Unilehrgang für Mentalcoaching zu machen. 2013 habe ich mich als Mentalcoach selbstständig gemacht.

Was ist Mentaltraining?

Mentales Training besteht daraus, die mentale Stärke eines Menschen mit spezifischen Werkzeugen zu schulen. Für Sportler heißt das konkret, dass man Methoden entwickelt, um in der Lage zu sein, die Leistung immer gerade dann abzurufen, wenn es erforderlich ist. Sehr viele Sportler scheitern da oft z.B. vor dem Start, weil die Anspannung und das Erregungsniveau zu hoch sind. Mentaltraining soll helfen, diese Verkrampfungen und Blockaden bewusst zu lösen.

Wie können Sie dabei als Mentalcoach helfen?

Ich sehe mich als Unterstützer, der die Menschen begleitet, Strategien zu entwickeln, um vergangene, schwierige Situationen im Sport zu visualisieren und sich auf kommende, ähnliche Situationen vorzubereiten. Denn wenn der Kopf nicht mehr mitmacht, heißt das noch lange nicht, dass man bereits an seine Grenzen stößt: Die erlernten Strategien müssen genau dann abgerufen werden, nur so kann man auch durchhalten.

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Es geht also darum, den Menschen beizubringen, wie sie ihre Gedanken bewusst lenken?

Ja, denn der Sportler muss negative Gedankenspiralen vermeiden. Das schafft er nur, wenn er seine Gedanken bewusst in eine positive Richtung steuert. Um sich in jeder Situation auf die eigene Stärke fokussieren und das Selbstvertrauen stärken zu können, muss man individuelle Strategien verinnerlichen. Das muss man sich vorstellen wie bei einem Piloten: Wenn dieser in schwierige Situationen kommt, dann hat er diese vorher im Simulator trainiert und ist darauf vorbereitet. Ähnlich ist es mit dem Athleten, wenn er während des Wettkampfes in ein Tief kommt: Wenn er im Vorfeld auf Tiefs vorbereitet ist und eine Strategie erarbeitet hat, die er immer wieder vorher im Kopf durchgespielt und visualisiert hat, dann kann er viel einfacher mit solchen Situationen umgehen und Lösungen finden.

Wie könnte ein Mentalcoaching konkret ablaufen?

Im Einzelcoaching wird zuallererst ein Erhebungsgespräch durchgeführt. Dabei werden zuerst klare Ziele definiert. Dann geht es darum herauszufinden, wie der Athlet durch den Einsatz mentaler Werkzeuge in seine optimale Leistungszone hineinkommen kann. Man lernt, wie man die Atmung in den verschiedensten Situationen richtig einsetzen kann. Ich versuche mit den Sportlern, vergangene Situationen in Wettkämpfen und die damit verbundenen Gedanken und Selbstgespräche zu analysieren. Ich arbeite auch mit Biofeedback-Messung, wo ich den Leuten zeige, in welchem Erregungsniveau oder Anspannungsgrad sie sich gerade befinden. Oft meinen meine Kunden, sie seien in einem guten Zustand, aber innerlich haben sie ein so hohes Stresslevel, das sie vielleicht schon monate- oder jahrelang mit sich rumtragen und das gar nicht mehr wahrnehmen.

Ab wann oder für wen macht es denn Sinn, sich in Mentaltraining zu begeben?

Für Profisportler natürlich aber auch für Hobbysportler mit konkreten Zielen (z.B. Marathon). Viele Menschen investieren viel Geld in ihr Hobby, schaffen es aber nicht, ihr absolutes Leistungshoch zu erreichen, weil der Kopf nicht mitspielt. Deshalb kann es sich für alle, die Ziele haben, lohnen, sich in mentales Training zu begeben. Das gilt nicht nur für Sportler, sondern für alle, die beispielsweise gerade erst mit Sport beginnen oder abnehmen möchten. Hier kann mentales Coaching helfen, an Zielen festzuhalten und dran zu bleiben.