Nägel mit Köpfen - séduction Magazin Germany
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KOLUMNEN

Nägel mit Köpfen

Von Regina Stahl 05/06/2020
Illustration: Jasmin Khezri
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Liebe zur Farbe? Auch dafür braucht es Fingerspitzengefühl. Im wahrsten Sinne des Wortes. Regina Stahl ist nach zahlreichen Experimenten mit Nagellack zu dem Schluss gekommen: oben ohne, unten alles.

Heute wachsen kleine Mädchen mit Nagellack auf. Kaum dass sie laufen können, lackieren ihnen die Super-Moms Finger- und Fußnägel passend zum Kleidchen. Oder zum eigenen Lack. Wobei ich mich immer frage, ob es denn tatsächlich so süß ist, wenn der dann nach einem intensiven Spieltag abblättert? Natürlich habe auch ich mich nach lackierten Nägeln gesehnt. Nur zur Zeit meiner Kindheit war das noch ein Tabu. Die angesagteste Farbe war damals Rot, und das symbolisierte für mich Erwachsensein. Endlich dann – als Teenager – durfte ich in den Sommerferien auch mal große Dame spielen. Wenigstens, was die Finger- und Fußnägel anging. Und natürlich musste es Rot sein, denn Rosa fand ich viel zu unsichtbar.

Die Geburtsstunde des Nagellacks 1932 in New York

Die Erfolgsgeschichte des Nagellacks begann 1932 in New York. Charles Revson, ursprünglich Kleiderverkäufer (wie man damals sagte) und später Vertreter in einer kleinen Kosmetikfirma namens Elka, beschloss, zusammen mit seinem Bruder Joseph und dem Chemiker Charles Lachman einen eigenen Lack zu produzieren, der die Nägel deckend einfärbte. Revlac sollte das Unternehmen ursprünglich heißen, doch daraus wurde Revlon. Nun ja, meine Lackzeit begann viele Jahrzehnte später, aber es könnte durchaus sein, dass meine Ersterwerbung ein Revlon-Schriftzug zierte.

Chanel „N° 18“: Nagellack mit Kultstatus

Mittlerweile kommt mir nichts anderes als Chanel oder Dior auf Finger und Zehen. Gerade der kleine Luxus sollte großartig sein! Vor allem Chanels „Rouge Noir“ hatte es mir – übrigens bis heute – angetan. Nicht zuletzt, weil es auch dazu eine wunderbare Geschichte gibt: 1994 hatte Uma Thurman in dem Hollywood-Klassiker „Pulp Fiction“ ihre Nägel in einem schwarz schimmernden Rotton lackiert. Einige Monate zuvor war der Farbton „N° 18“ während der Präsentation der Kollektion für Herbst/Winter 1994 vorgestellt worden und hat seitdem Kultstatus erreicht. Auch meine Füße lieben ihn. Bis heute tragen meine Zehennägel den dunkelsten aller Rottöne. Für mich die eleganteste Farbe, weil sie sowohl blasse als auch gebräunte Füße kleidet. „Rouge Noir“ ist mein ständiger Reisebegleiter, da gerade bei so einem intensiven Farbton Perfektion das Nonplusultra sein sollte.

Von Blassgrün über Greige bis Roségold

2009 kreierte das Beauty-Team von Chanel ein weiteres Highlight: blassgrünen Lack, abgestimmt auf die Farben der Accessoires der Couture-Collection. Nicht für mich, aber für junge, experimentierfreudige Frauen und meinetwegen auch deren Minitöchter eine großartige Farbvariante. Ein Jahr später erlebte ich als Beauty Director der deutschen VOGUE eine weitere Revolution, die weltweit sofort in sämtlichen Preisklassen aufgegriffen wurde: Schlamm-, Greige- und Taupetöne für die Nägel, die sich damit endgültig in die Liste modischer Accessoires katapultierten. Parallel dazu gab es das Revival der Schmuckfarbe Roségold – eine wunderbare Kombination delikater Eleganz war geboren.

Sündige Fußnägel als reizvoller Kontrast zu unlackierten Fingernägeln

Nun muss ich gestehen: So sehr ich dunkelstes Rot auf meinen Zehennägeln liebe, desto zurückhaltender bin ich bei meinen Fingernägeln. Anders als meine Füße lasse ich sie nicht professionell behandeln, sondern gönne mir alle vier Tage ein Home-Treatment, um die leicht bogenförmige Kürze (das Weiße darf maximal zwei Millimeter vorschimmern) zu erhalten. Klackende Nägel auf der Tastatur – geht für mich gar nicht. Dementsprechend lasse ich sie unlackiert natur. Ich finde, das sieht irgendwie sehr clean aus und bildet einen reizvollen Kontrast zu den sündigen Fußnägeln. Gelegentlich veredle ich sie mit einer(!) – weil dann immer noch transparenten Schicht – hellstem Rosé oder Beige. Manchmal ist es auch nur ein Klarlack, der sie zum Strahlen bringt. Langweilig? Ich würde sagen: klassisch. Aber ich muss gestehen, dass meine Beauty-Träume sich manchmal in ungeahnte Dimensionen verirren. Bestes Beispiel: Anlässlich einer Malediven-Reise (wann können wir wohl mal wieder dorthin?) stellte ich mir vor, wie wohl meine Fußnägel aussehen würden, wenn ich sie in die Türkistöne des Indischen Ozeans tauchen würde …